Die Teufelszungen im Döllnsee

Ein Sagenspiel

Inszeniert nach einer Sage, deren Handlung

Petra Elsner erweitert hat, aufgeführt zum Dorffest 2015

vom Kurtschlager Kulturverein

 

 

Die Erzählerin: In einer Zeit, als ein Frühjahrssturm den Schafen die Locken glatt kämmte, war die Herde des Schäfers Anton im Wald zwischen dem Großen Döllnsee und dem grünen Wuckersee in alle Winde verstreut. Er suchte viele Tage nach den Tieren, und als er sie endlich beisammen hatte, war der Heimweg noch sehr weit. Denn er hauste auf dem anderen Ufer des großen Sees. Anton schnaufte, und er wünschte sich im Stillen, würde doch ein Landweg über den See führen, dann wäre sein Weg nicht immer so unendlich weit. In der Dämmerung erreichte er müde seinen Hof, und als er die Tiere im Stall hatte, schlürfte er noch die paar Meter in den alten Dorfkrug, um sich ein Feierabendbier zu gönnen. Dort lehnte ein geheimnisvoller Mann am Tresen. Und weil Anton ihn so musterte, kam der Mann auf ihn zu und tippte mit zwei Fingern zum Gruß an seinen Schlapphut und sprach:

 

Der Geheimnisvolle: Ist es gestattet, sich zu dir zu setzen?

 

Der Schäfer: Nichts dagegen, hock‘ er sich hin und erzähle mir was von der weiten Welt.

 

Der Geheimnisvolle: Ach, die große, weite Welt, sie ist fern, hier im tiefen Wald zählen doch andere Dinge.

 

Der Schäfer: So? Welche denn?

 

Der Geheimnisvolle: Was stellst dich dumm, du weißt schon: genug Futter für die Tiere und reichlich trockenes Holz für den Winter. Ein gutes Süppchen auf dem Feuer und das Leben gesund und nicht all zu schwer.

 

Der Schäfer: Das Leben nicht allzu schwer, das ist wohl ein frommer Wunsch. Meine Wege zu den Waldwiesen sind so weit, das ich mir rasch Löcher in den Stiefelsohlen laufe. Müde bin ich jeden Tag wie ein Hund, wenn ich die Tiere endlich wieder im sicheren Stall habe, dann trinke ich noch ein Bierchen, dann rafft es mich auch schon auf das Nachtlager. Und mein Weib schweigt allein den Mond an.

 

Der Geheimnisvolle: Ja, das ist ein schweres Leben. Hoffentlich wird sich dein Weib nicht eines Tages davon machen und sich ein besseres Leben suchen, wenn du ihr so gar nicht die Zeit versüßt.

 

Der Schäfer: Das wäre schlimm, aber was soll ich machen?

 

Der Geheimnisvolle: Hast du denn so gar keine Idee, wie es leichter gehen könnte?

 

Der Schäfer: Doch, doch, es spukt mir schon lange ein Gedanke im Kopfe herum: Wenn es einen Damm über den See gäbe, dann wäre mein Weg nicht mehr so weit, und ich hätte etwas Zeit für meine Liebste.

 

Der Geheimnisvolle: Wenn es weiter nichts ist, da kann dir geholfen werden.

 

Der Schäfer: Wie das?

 

Die Erzählerin: Da lüftete der geheimnisvolle Mann seinen Schlapphut und der Schäfer erblickte das flammende Haupt des Leibhaftigen. Erschrocken wich Anton zurück. Im grauste vor dem schauerlichen Anblick, aber zugleich stieg eine Hoffnung in des Schäfers Herz auf, sein Wunsch könnte Wahrheit werden und somit sein Leben leichter. Doch es war ihm natürlich klar, dass jedes Teufelswerk einen Preis hat. Vorsichtig fragte er den Teufel:

 

Der Schäfer: Was müsste ich dafür tun?

 

Der Teufel: Wenn ich dir bis zum ersten Hahnenschrei einen schönen Damm über den Großen Döllnsee baue, dann versprichst du mir einfach deine Seele dafür. Die wird fällig, wenn dein Tod kommt. Die kleine Nebensache wird dich zu Lebzeiten nicht berühren, damit ist alles abgegolten. Komm schlag ein. 

Die Erzählerin: Der Schäfer Anton willigte ein. Sogleich erhob sich der Teufel, zahlte die Zeche mit einem Silbertaler und eilte grußlos davon. Der Teufel begann unermüdlich sein Werk. Er bewegte wie von Furien getrieben gewaltige Erdmassen und schleuderte große Findlinge in den See.

Anton lief aufgeregt nach Haus. In der Ferne hörte er den Teufel schuften. Da der Schäfer aber ein frommer Mann war, wurde es ihm unterwegs mulmig. Auf dem Hof angekommen fragte er schnaufend seine Frau:

 

Der Schäfer: Meine liebe Ilse, ich glaube ich habe einen schlimmen Handel geschlossen. Ein geheimnisvoller Mann erklärte mir im Krug, dass es ganz leicht sei, einen Damm über den Großen Döllnsee zu schaffen. Bis morgen früh, wenn der erste Hahn kräht. Der Geheimnisvolle entpuppte sich allerdings als der Leibhaftige mit flammendem Haupt. Ich glaube, er war nur auf meine Seele aus, die ich ihm versprochen habe.

Die Frau Ilse: Herrje, Anton, wie konntest du nur so leichtfertig sein?  Es ist doch bekannt, dass der Teufel bei einem solchen Handel immer siegt. Aber warte. Ha, ich hab da eine Idee, vielleicht können wir ihn mit einer List schlagen. (Puppen gehen tuschelnd ab.)

 

Die ErzählerinDer Dammbau des Teufels war beinahe fertig. Er wähnte, er hätte noch viel Zeit, denn die Nacht war noch stockdunkel. Da plötzlich aber krähte der erste Hahn als Zeichen des anbrechenden  Tages. Der Teufel war irritiert. Hatte er seine Kräfte überschätzt? Wie war das möglich? Nun, die schlaue Frau des Schäfers, war mit einer Laterne in den Hühnerstall geschlichen und täuschte mit ihrem Licht den Hahn. Der krähte gleich so schön er konnte den vermeintlichen Sonnenaufgang an, obgleich es noch nicht einmal graute. Den Teufel aber durchzuckte es wie von einem  Blitz getroffen. Er tobte und schrie seine Wut in die Nacht. Er war einer List aufgesessen und hatte damit den Handel verloren.  Mit großem Getöse verließ der Gescheiterte seine Baustelle. Die beiden Halbinseln, die den großen Döllnsee verengen nennt man seither Schmällinge oder auch die Teufelszungen. 

(Nach Manfred Feder, "Wandern in der Schorfheide", Seite 55, aufgefrischt und erweitert von Petra Elsner)

Die Spieler :

 

Erzählerin: Sieglinde Imm                                   

Schäfer: Eckhard Asmuss                                   

Teufel: Johanna Nickel                       

 Schäferin Ilse: Christina Steddin           

 

Bau der Stabpuppenköpfe: Petra Elsner